9. Januar 1996
Kultusminister Zehetmair: "Große Anstrengungen für mehr Wirtschaftlichkeit an den Universitätskliniken nötig"
Mit Blick auf die leeren Kassen des Staates und die Bemühungen
des Bundes, die Krankenkassenbeiträge nicht weiter ansteigen zu
lassen, sind nach Auffassung von Kultusminister Zehetmair größte
Anstrengungen nötig, um die Wirtschaftlichkeit im Bereich der
bayerischen Universitätskliniken zu verbessern. Wie der Minister
am Dienstag in München vor der Presse erklärte, sei hierfür
insbesondere die Eigenverantwortlichkeit der Kliniken bei der
Betriebsführung zu stärken, Entscheidungskompetenzen müßten in
größtmöglichem Umfang auf die Betriebsführung der Universitätskliniken verlagert werden. Zehetmair: "Vor allem müssen wir an
den Kliniken mehr Kostentransparenz erreichen." Eine eigene Arbeitsgruppe soll nun die geplanten Strukturänderungen umsetzen.
Gleichzeitig betonte der Minister, daß die Anstrengungen zur
Sicherung der Wirtschaftlichkeit nur dann erfolgreich sein
könnten, wenn die Hochschulklinika auf einen modernen Stand
ausgebaut würden. Dies setze allerdings erhebliche Investitionen
voraus.
Erste Erfolge zeigten die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an
den Universitätsklinika in Großhadern und Erlangen. Sie hätten
bereits im letzten Jahr zu Einsparungen von insgesamt 29 Millionen Mark geführt, teilte Zehetmair mit. Allerdings seien den
Einsparmöglichkeiten infolge des speziellen Auftrags dieser
Kliniken Grenzen gesetzt. Sie hätten im Bereich der Krankenversorgung Leistungen zu erbringen, die weit über diejenigen der
übrigen Krankenhäuser hinausgingen. So verfügten die bayerischen
Universitätsklinika mit derzeit 7678 Betten über knapp 50 Prozent der Maximalversorgung in Bayern. Zehetmair: "Die Hochschulen stehen sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich
an der Spitze des Krankenversorgungssystems in Bayern." Den
Universitätsklinika sei es nicht möglich, Patienten an andere
Einrichtungen zu überweisen. Letztlich seien sie verpflichtet,
alle Patienten, auch die schwierigsten, aufzunehmen, ohne auf
irgendwelche ökonomischen überlegungen Rücksicht zu nehmen. Weit
mehr als die übrigen Krankenhäuser hätten sie es mit einer hohen
Konzentration von Schwerstkranken, alten und mehrfach kranken
Patienten zu tun. Schon von daher seien Vergleiche mit angeblich
kostendeckend arbeitenden kommunalen Krankenhäusern völlig
irreführend. Unabdingbar sei, daß die Kassen künftig die Maximalversorgung bzw. Intensivbehandlung der Schwerstkranken an den
Unikliniken adäquat finanzieren. Dies sei zur Zeit nicht der
Fall. Mit Sorge erfülle ihn auch, daß die Weiterbildung zu
Fachärzten sich in zunehmendem Maße auf die Hochschulklinika
konzentriere, da die anderen Krankenhäuser sich aus wirtschaftlichen Erwägungen aus dieser für das allgemeine Gesundheitswesen
bedeutenden Aufgabe mehr und mehr zurückzögen. Hierdurch würden
die entsprechenden Kosten ausschließlich auf die Hochschulklinika verlagert.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied bestehe in den Aufgaben
der Hochschulklinika in Forschung und Lehre. Ein Universitätsklinikum bestehe aus einer Vielzahl von größeren und kleineren
wissenschaftlichen Einheiten, deren Aufwand - nicht anders als
zum Beispiel der Aufwand von Physik- oder Chemie-Instituten -
von den Ländern zu tragen sei und nicht durch Einnahmen von
Seiten der Krankenkassen abgedeckt werden könne. Entsprechendes
gelte für die Finanzierung der Betriebskosten sämtlicher Einrichtungen für Lehre und Forschung wie Hörsäle, Seminarräume und
Bibliotheken. Finanziert würden über den staatlichen Zuschuß zum
Teil völlig selbständige, ausschließlich der Forschung und Lehre
dienende Institute wie z. B. die Institute für Experimentelle
Chirurgie in Großhadern und rechts der Isar in München oder
Institute für Medizinische Statistik und Epidemiologie. über
Transferleistungen aus dem Klinikhaushalt würden darüberhinaus
auch die sehr forschungsintensiven klinisch-theoretischen Institute zu einem beträchtlichen Teil finanziert. "Weder die
Ausbildung der Studenten noch die Forschung ist zum Nulltarif zu
haben", warnte der Minister. Insgesamt werden an den bayerischen
Universitätsklinika derzeit 3534 Studenten der Humanmedizin im
Bereich der klinischen Medizin ausgebildet und 1549 Studenten im
Bereich der Zahnmedizin. Mit dem staatlichen Zuschuß von etwa
808 Millionen Mark im Jahr 1995 lagen die bayerischen Universitätskliniken prozentual unter dem durchschnittlichen Zuschuß
aller Universitätsklinika in der Bundesrepublik Deutschland. Von
einem "Milliarden-Zuschuß" könne daher keine Rede sein, betonte
der Minister, "und schon gar nicht von einem Milliarden-Defizit".
Bayerisches Staatsministerium
für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
Toni Schmid, Pressereferent