14. April 1997
Berufliche Bildung: Kultusminister Zehetmair fordert �berarbeitung der Ausbildungsordnungen
Im Zusammenhang mit der gegenw�rtigen Lehrstellenkrise mu� die Wirtschaft auch zu einer vor�bergehenden Ausbildung �ber den Bedarf hinaus bereit sein. Dies hat Kultusminister Hans Zehetmair am Montag in M�nchen bei der schulpolitischen Studientagung der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Union in M�nchen gefordert. Bei der beruflichen Bildung habe das duale System weiterhin erste Priorit�t, die Politik habe in der gegenw�rtigen Situation jedoch die Pflicht, die Rahmenbedingungen des dualen Systems zu durchleuchten und etwaige Verkrustungen, die ein Ausbildungshemnis darstellen, zu beseitigen. Eine zentrale Rolle komme in der gegenw�rtigen Krise den Ausbildungsordnungen zu, die nach Auffassung des Ministers vielfach nicht mehr zeitgerecht sind. Zehetmair: "Wir brauchen neue Berufe, die sowohl den Anforderungen des durchschnittlichen Arbeitsplatzes, als auch der Leistungsf�higkeit der meisten Jugendlichen besser entsprechen." Es sei ein sehr ernst zu nehmendes Problem, da� viele Betriebe nicht mehr ausbilden, weil sie die enorm gestiegenen Anforderungen an die Berufsausbildung nicht mehr erf�llen k�nnen. Genauso schwerwiegend sei es, wenn Jugendliche wegen �berzogener Anforderungen die Ausbildung abbrechen oder die Abschlu�pr�fung nicht bestehen. Ein Ausbildungshemmnis seien auch die in der Vergangenheit wesentlich st�rker als die L�hne gestiegenen Ausbildungsverg�tungen, die es zumindest in einigen Berufen einzufrieren oder gar abzusenken gelte. Dar�ber hinaus m�sse jedoch vor allem die Wirtschaft zu einer vor�bergehenden Ausbildung �ber den Bedarf hinaus bereit sein, wenn sie, wie sie beteuert, am dualen System festhalten will.
Bei der �berarbeitung der Ausbildungsordnungen m�sse von den Tarifpartnern jeder Ausbildungsinhalt darauf �berpr�ft werden, inwieweit er an einem Arbeitsplatz mit durchschnittlicher Anforderung ben�tigt wird. In vielen F�llen gebe es dringenden Bedarf f�r neue Ausbildungsberufe mit entsprechend abgesenktem Anspruchsniveau. Als Beispiele nannte Zehetmair die bereits neu geschaffenen Berufe Fertigungsmechaniker und Elektromonteur. Damit trage man auch der Tatsache Rechnung, da� ein Teil der Jugendlichen trotz verschiedener F�rderma�nahmen an individuelle Grenzen der Bildungsf�higkeit gelangen und als Lehrstellenbewerber das gew�nschte Qualifikationsprofil vieler Ausbildungsberufe nicht erreichen. Die Erstausbildung sollte sich generell weitgehend auf Grundlegendes konzentrieren. Eine Schwerpunktbildung des Wissens und K�nnens k�nne dagegen auch in der Weiterbildung erfolgen. Die Berufsschulen w�rden insofern zu Unrecht als Ausbildungshemmnis bezeichnet; der Umfang des fachlichen Unterrichts sei durchgehend einvernehmlich mit der Wirtschaft abgestimmt. Die Rahmenlehrpl�ne der KMK k�nnten nur abgespeckt werden, wenn die Verfasser der Ausbildungsordnungen Mut zur L�cke zeigen. Auf ein Mindestma� an Allgemeinbildung h�tten jedoch auch die Jugendlichen Anspruch, die einen beruflichen Bildungsweg gew�hlt haben. Zehetmair: "Eine gute Allgemeinbildung wird auch von der Wirtschaft gefordert, nur Zeit darf sie nicht beanspruchen." Die generelle R�ckkehr des Berufsschulunterrichts zu einem Tag pro Woche k�nne kein Thema sein. Vielmehr komme es auf gr��tm�gliche Flexibilit�t der Berufsschulorganisation an. Zehetmair verwahrte sich dagegen, �berbetriebliche Ausbildungsma�nahmen, die in den letzten Jahren erheblich ausgebaut wurden, mit dem Berufsschulunterricht in einen Topf zu werfen und als Ganzes der Berufsschule anzulasten.